Die Presse zur Wümme-Austellung

Der Weser Kurier (Kultur) zur Ausstellung:

„Ich lasse nur die Erinnerung an mich“

von Uwe Dammann

Ihre Mutter war Tänzerin, ihr Vater ein berühmter Keramiker und der Großvater Maler am Hof des Bayernkönigs Ludwig II. – Cato Bontjes van Beeks Lebensweg aber endete 1943 mit 22 Jahren im Gefängnis Berlin-Plötzensee unter dem Fallbeil des Scharfrichters. In Fischerhude erinnert nun eine Ausstellung des Kunstvereins an die Widerstandskämpferin gegen das Naziregime.

Die Evangelische Kirche in Deutschland zählt Cato Bontjes van Beek zu den „Evangelischen Märtyrern des 20 Jahrhunderts“, in Achim ist das Gymnasium nach ihr benannt und in Fischerhude, ihrem Heimatort, eine Gemeindestraße. Sie verteilte Flugblätter, die zum Kampf gegen das NS-Regime aufriefen. 1942 wurde sie von der Gestapo verhaftet und im August 1943 wegen „Beihilfe zur Vorbereitung zum Hochverrat“ hingerichtet. Da Cato Bontjes van Beek in ihrem Dorf in einem ungewöhnlichen kreativen Umfeld aufwuchs, gibt es zahlreiche gemalte Porträts des jungen Mädchens. Das beeindruckendste stammt von Clara Rilke-Westhoff, der Ehefrau des Dichters Rainer Maria Rilke, die selbst in Fischerhude als Bildhauerin und Malerin arbeitete. Das Bild zeigt die junge Cato mit ernstem Blick im roten Kleid, die ihr Schicksal vorauszuahnen scheint. Der ernste Gesichtsausdruck ist für das junge Mädchen keinesfalls typisch. In zeitgenössischen Berichten und Briefen wird sie als lebenslustig und ungewöhnlich aktiv beschrieben. Cato war nicht nur Mitglied in einem Segelflugverein, sondern auch künstlerisch kreativ. Als junge Frau zieht sie von Fischerhude nach Berlin und nutzt dort die kulturellen Angebote der Stadt, besucht Vorträge, interessiert sich für philosophische und religionsphilosophische Fragen. Sie schließt sich der Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen und Arvid Harnack an, einer Gruppe, der die Nazis den Namen „Rote Kapelle“ gaben. Die „Rote Kapelle“ war eine der bedeutendsten Widerstandszentren während des Zweiten Weltkrieges. Cato gehörte zum Kreis derer, die innerhalb des Landes wirkten. Sie und ihr Freund Heinz Strelow trennten sich jedoch nach wenigen Wochen von der Organisation der „Roten Kapelle“. Sie befürchteten, entdeckt zu werden, weil Mitglieder der Gruppe zu unvorsichtig agierten.

Beide gaben jedoch die Arbeit im Widerstand nicht auf und schrieben und verteilten weiter Flugblätter. „Vergeblich müht sich Minister Goebbels, uns immer neuen Sand in die Augen zu streuen. . . doch niemand kann mehr leugnen, dass sich die Lage von Monat zu Monat verschlechtert“, heißt es beispielsweise in einem der Blätter. „Jeder Groschen, jede Hilfeleistung an das herrschende Regime, verlängert den Krieg und führt uns alle noch weiter in das Elend“, schrieb Cato. Doch ihr Mut wurde ihr zum Verhängnis. Im Zuge einer breit angelegten Verhaftungswelle 1942, die sich gegen die Mitglieder der „Roten Kapelle“ richtete, wurde sie gemeinsam mit ihrem Vater Jan Bontjes van Beek verhaftet. Doch während der Vater wieder freigelassen wurde, wurde Cato zum Tode verurteilt.

Fotos und die Abschiedsbriefe Catos an ihre Mutter Olga Bontjes van Beek und ihre Geschwister Mietje und Tim, die Cato in der Todeszelle schrieb, sind auch 70 Jahre nach der Hinrichtung erschütternde Dokumente. „Schade, dass ich nichts auf der Welt lasse als nur die Erinnerung an mich“, schrieb Cato an ihre Mutter, ehe der Scharfrichter sie zum Fallbeil führte. In ihrem letzten Brief empfand sie es als Gnade, „jede Nacht in meinen Träumen bei Euch in Fischerhude zu sein. . .“ und schrieb: „Ich bin sehr gefasst und habe mich völlig mit dem Schicksal ausgesöhnt“.

Außerdem ist in der Ausstellung eine Art künstlerische Ahnengalerie der Familie Bontjes van Beek zu sehen. Darunter das markante und beeindruckende Selbstbildnis der Tänzerin und Malerin Olga Bontjes van Beek, die sich mit gelbem Sonnenhut in Szene setzte.

Der Fischerhuder Kunstverein widmet sich in der Ausstellung weiter dem 1917 auf der Insel Hiddensee gegründeten „Künstlerinnenbund“. In der Künstlerkolonie an der Ostsee arbeiteten viele Jüdinnen, die von den Nationalsozialisten Malverbot bekamen, verschleppt wurden und in Vernichtungslagern ums Leben kamen. Zu ihnen gehörten Clara Arnheim, Julie Wolfthorn und Käthe Loewenthal. Außerdem gab es direkte personelle Bezüge und Verbindungen zwischen dem Wümmedorf Fischerhude und dem „Hiddenseer Künstlerinnenbund“. So gehörte auch die Fischerhuder Malerin Bertha Schilling (1870-1953) dieser Vereinigung an. Ihr Bild von der Bismarckdüne auf Hiddensee war Anlass, den Künstlerinnenbund ins Zentrum der Sommerausstellung zu rücken. Im dritten Stock der Ausstellungsräume in Buthmanns Hof erinnert der Kunstverein an die Malerin Marie Fritsch, die bei Otto Modersohn Malunterricht nahm und als freie Künstlerin im Dorf lebte.

Die Ausstellung in Fischerhude, Buthmanns Hof, ist bis zum 13. September zu sehen. Geöffnet dienstags bis sonnabends von 14.30 bis 17.30 Uhr, sonntags von 11.30 bis 17.30 Uhr.

Am 24. Juni wird hier ab 19.30 Uhr der Dokumentarfilm „Gegen den Strom“ über Cato Bontjes van Beek gezeigt, der von der Berliner Regisseurin Dagmar Brendecke gedreht wurde.

Cato Bontjes van Beek als junge Frau, gemalt von Clara Rilke-Westhoff. Der Kunstverein widmet der Widerstandskämpferin aus Fischerhude und ihrer Familie eine Ausstellung.

Kunstverein Fischerhude

in Buthmanns Hof e.V

Im Krummen Ort 2

28870 Fischerhude