Bild des Monats

Rudolf Franz Hartogh, An der Wassermühle in Fischerhude,
1918, Kunstverein Fischerhude

Der Paukenschlag

Seit Kurzem in dieses flüssig gemalte Bild, das der Kunstverein wiederholt von einem Münchner Kunsthändler für Ausstellungen ausgeliehen hatte, im Besitz des Kunstvereins. Der Vorstand hat beherzt zugeschlagen, als es bei Ebay zum Verkauf stand. 
»An der Wümme, bei der alten Wassermühle, wurde es immer interessanter!«, schrieb der Malerkollege Otto Modersohn im Jahr 1896 in sein Tagebuch, als er zusammen mit Fritz Overbeck den abgelegenen Ort an der Wümme entdeckte. Immer wieder und in allen Jahreszeiten haben die Mühle und ihre Nebengebäude nahezu sämtliche Maler fasziniert, die in Fischerhude umherwanderten, und es wäre ohne Weiteres möglich, eine ganz eigene Ausstellung nur zum Thema Wassermühle zu kuratieren.

Der Maler Rudolf Franz Hartogh, dessen Bilder zu einer großen Gedächtnisausstellung erstmals 1989, dann wieder 1999 in der Fischerhuder Galerie und 2010 im Kunstverein versammelt waren, hat seinen Beitrag dazu im Jahr 1918 geleistet. Das Bild gehört fraglos zu den Haupt-werken des Malers und verbindet gute Zeichnung mit spontaner malerischer Sicherheit. Das farbenfrohe Bild im Format 70 x 70 cm ist so bewegt gemalt, dass man vermuten kann, der neun-und-zwanzigjährige Maler hat es in einer Stunde des Glücks in einem Rutsch auf die Leinwand »gebürstet«. Ein breitflächiger Borstenpinsel wird ihm die Möglichkeit gegeben haben, die Leinwand in kürzester Zeit »dicht« zu bekommen. Wegen des sich schnell verändernden Sonnenlichts am bewölkten Herbsthimmel war ohnehin Tempo angesagt.

Trotz alledem wird in diesem Bild nicht einfach nur der flüchtige schöne »Nachmittag eines Fauns« gezeigt. Der auf Weg und Scheune fallende Sonnenstrahl vermittelt seine eigene Flüchtigkeit. Die graubraune Wolke am Himmel beschreibt schon den nächsten Augenblick. Man meint, einen Paukenschlag zu hören.

Verglichen mit der exakten Grafik seiner sonstigen Bilder ist dieses Motiv von der Scheune gegenüber der Mühle mit dem an ihr ruhenden Mahlstein eigentlich eher eine Skizze, einem flüchtig handgeschriebenen Brief vergleichbar, der sich von einem mit dem Computer gesetzten deutlich unterscheidet. Der Maler offenbart seine Handschrift und gibt einen kleinen Ausschnitt aus seinem Inneren, seinen Gefühlen wieder. Die entsprechen einer sehr bewegten, ja hochdramatischen Zeit. Das handsignierte und datierte Bild entstand am Ende des Ersten Weltkrieges. 

Da Bild stellt einen Höhepunkt des im abgelegen Wümmeort bereits 1911 eingezogenen Expressionismus dar.

Wolf-Dietmar Stock

Kunstverein Fischerhude

in Buthmanns Hof e.V

Im Krummen Ort 2

28870 Fischerhude